"Ich habe meine Chance auf den christlichen Himmel verwirkt.
Selbst wenn sogar Nonnen mir den Kopf waschen.

Ich halte trotzdem an meinem Gott fest,selbst wenn ich keine Chance habe.

Weil es der Gott der Liebe ist,der Verlierer,nicht der vermeintlichen Helden.
Der Gott der Sanftmut,der verzeihen kann....."



Ich finde Deinen Bericht sehr eindrücklich und verständlich. Ich denke auch mich hat Gott zu dem Forentreffen geführt, zumal ich ja schon eine ganze Weile nicht mehr im SDN aktiv war...
Fällt Dir in den Zeilen, die ich von Dir kopiert habe etwas auf?
Mein Gott ist ebenfalls der Gott der Sanftmut, der alles verzeihen kann. Allerdings nur, wenn die Menschen ihre Schuld sehen und bereuen.
Er kann meinem Vater seine Schuld verzeihen, wenn mein Vater es bereuen kann, wo ich mir nicht sicher bin. Aber weil Gott mir so vieles verziehen hat, kann auch ich anderen verzeihen!

Er verzeiht mir meine Fehler und liebt mich trotzdem. Ich kann mich von ihm abwenden und er lässt Gnade walten, ich kann immer zu ihm zurück kehren, wenn ich das möchte. Ich habe Gott verurteilt und abgelehnt, wollte nicht an ihn glauben, obwohl ich ihn damals nicht einmal kannte. Ich habe so viele Menschen verletzt in all den Jahren. Ich habe so oft Beziehungen abgebrochen und systematisch versucht mich selber so zu zerstören, dass ich es doch irgendwann schaffen würde, dass er mich von dieser Welt gehen lässt.
Erst nach vielen Jahren hat er es geschafft zu meinem Innern durchzudringen, weil ich so weit unten war, dass ich ihm gar nicht mehr die Tür vor der Nase zuknallen konnte. Mein Herz war erfüllt von Schmerz und Verachtung. Aber vor allem war ich erfüllt von Hass. Ich habe alles und jeden gehasst! Gott! Menschen! Das Leben! Die Ärzte, die mich immer wieder zurück holten! Alle, die mir das alles angetan hatten! Aber am meisten von allem habe ich mich selber gehasst.
Ich hatte alles aufs Spiel gesetzt. Mehrfach. Hatte mich selber bereits aufgegeben und dann als ich wirklich ganz unten war, ohne Hoffnung oder Mut, alles verloren hatte. Familie, Freunde, Freude am Leben. Ich stand ohne allem da, hatte nichts zu bieten. Verurteilt von der Gesellschaft. NAch ihren Maßstäben völlig wertlos. Sogar eine Belastung, weil sie durch mich eine Menge Arbeit hatten und Kosten....

Und dann kam Gott und zeigte mir, dass ich nichts beweisen muss. Ihm nicht. Dass er mich liebt, einfach schon nur deshalb, weil ich da war. Er schickte Menschen in mein Leben, die mir das zeigten. Sie betonten immer wieder, dass sie es ernst meinen mit MIR. Dass sie für mich sind. Dass ich willkommen bin, auch wenn ich nichts leisten kann. Dass ich sein darf.
Das war völlig fremd und nicht immer einfach. Meistens habe ich ihnen bei solchen Aussagen widersprochen und auch heute, nach zwei Jahren zweifel ich manchmal noch daran, dass das wirklich sein kann. Ich konnte es ihnen nicht glauben, weil das schon so viele vor ihnen gesagt hatten und am Ende doch wieder eine Enttäuschung kam, weil sie überfordert waren mit mir und meinem Leben und dem, was ich in ihnen ausgelöst habe...

Ich verstehe Gott nicht immer, warum so viele Menschen oder Tiere in mein Leben kommen und kurz darauf wieder verschwinden. Nachdem ich einen Freund tot aufgefunden hatte, einer aus der WG plötzlich verstorben war, mein Lieblingspferd an der Arbeit, das mich wieder Vertrauen gelehrt hatte, eingeschläfert werden musste und einen Tag später dann der WG Hund... ich hatte Angst mit jemandem zu reden, weil ich das Gefühl hatte, dass ich den Tod mit mir bringe. Dass ich es nicht nur nicht schaffe mir das Leben zu nehmen, sondern Menschen und Tiere in meinem Umfeld, die eigentlich leben wollen, sterben müssen. Ich fand das so unfair und kann es bis heute nicht verstehen...

Ich will Dir eigentlich nur sagen, dass es egal ist, was Du getan hast, weshalb Du der Meinung bist, dass Gott es Dir nicht verzeihen kann... Ich denke DU musst lernen Dir selber verzeihen zu können, denn Gott hat es längst getan!
(Ich weiß auch aus meinen eigenen Erfahrungen, dass es ein langer, schmerzhafter Prozess ist und man sich Dingen stellen muss, von denen man am liebsten nichts wissen würde... Aber am Ende lohnt es sich, ich rate Dir nur dringend davon ab das alleine schaffen zu wollen, denn es kostet verdammt viel Kraft und mich hätte es fast mein Leben gekostet...)

Viel Kraft und Mut wünsche ich DIr!

Cita

Ich finde es schön, wieder mehr von Dir zu hören, hatte schon etwas Angst, dass meine direkte und z.T. auch provozierende Art Dich doch etwas abgeschreckt hat...

Ich habe lange gebraucht, bis ich überhaupt meine Meinung sagen konnte oder gar Kritik geäußert habe... Und damit verbunden die Angst überwinden musste dafür bestraft zu werden oder abgelehnt zu werden.
Heute bin ich an einem Punkt, wo ich denke, dass ich noch viel mehr machen kann, weil ich selber nicht mehr auf die Bestätigung anderer angewiesen bin. Ich muss meinen Selbstwert nicht mehr darüber definieren, was andere über mich denken, was mir die Freiheit gibt zu sagen, was ich denke.
(Glaub mir, ich habe tiefe Symphathie für Deine Situation und weiß selber, wie es ist an so einem Punkt festzustecken!)
Ich habe nur gemerkt, dass mich Mitleid kein Stück weiter bringt. Dass es nicht hilft, wenn mich jemand aus Angst vor meiner Reaktion oder was ich mir antun könnte, mit Samthandschuhen anfasst...

Mich haben die Menschen weiter gebracht, die mich so lange Provoziert haben, bis ich angefangen habe mich zu wehren. Ich denke dabei an ein paar Pfleger auf Station, die dazu standen als Arschloch verschrien zu sein, wegen ihrer arroganten oder direkten, oft wenig einfühlsamen Art... "Irgendjemand muss doch das Stationsarschloch sein und das hält mir einige Patienten vom Leib, auf die ich keinen Bock habe." Ich habe sie oft dafür gehasst... Und gleichzeitig waren das die Personen, mit denen ich am besten reden konnte. Wie oft nannte der eine mich einen Vollpfosten! Ich würde mein Hirn, wenn ich auf Station komme immer bereits vor der Tür ausladen... Warum ich Dinge unterschreibe, nur weil die Ärzte mich erpressten. Ich sollte mich wehren und mir nicht alles bieten lassen...
Der andere hatte sich irgendwann meiner angenommen. Wir hatten in jedem seiner Dienste ein Gespräch. Wir hatten einen Deal. Er hört sich meine Vergangenheit an, hat Briefe meiner Eltern gelesen etc. und ich habe seine Hausaufgaben gemacht, die sehr Zukunftsorientiert waren... Was die mit mir ausgehalten haben, wurde mir erst viel später klar. Sie haben ihren Job aufs Spiel gesetzt, indem wir privat Kontakt hatten... Sie mussten sich einiges von mir anhören, aber ich bin ihnen sehr dankbar dafür, weil sie mir das Leben gerettet haben, aber mit Sicherheit nicht, weil sie nett zu mir waren oder sich an Regeln gehalten haben...
Ein Oberarzt, es war lange bekannt, dass wir da etwas am Laufen hatten... Er war glaube ich rein aus Prinzip immer anderer Meinung als ich. Das ging soweit, dass am Anfang eines Gespräches ich Standpunkt A hatte und er Standpunkt B. Ich habe irgendwann nachgegeben und war bei Standpunkt B, da fing er an Standpunkt A zu vertreten...
Ich habe ihn gehasst, und es tut mir sehr Leid, weil mir erst nach seinem plötzlichen Tod klar wurde, was er eigentlich für mich getan hat. Wie viel Zeit er mir gewidmet hat, was ich ihm alles an den Kopf geknallt habe und trotzdem hat er immer wieder betont, dass sie mich gerne zu jeder tages- und nachtzeit wieder aufnehmen. Wenn ich kam, wollte er informiert werden, mit einem Arzt hatte ich abgemacht, dass er es ihm nicht direkt sagt, weil er sofort wieder eine 1:1 Betreuung angesetzt hätte und wir das beide nicht für angebracht hielten...
Was der mit mir aushalten musste! Und wie oft ich ihn angelogen und verarscht habe. Wie oft er mich hat gehen lassen, obwohl er wusste, dass ich vorhatte mir etwas anzutun. Was wir für Machtspiele gespielt haben. Ich wusste natürlich genau, was ich vor allem nicht sagen durfte. Er wusste, dass ich weiß, dass er will, dass ich freiwillig bleibe und er sich deshalb keinen Beschluss holen würde, obwohl ich auch wusste, dass er den sofort bekommen hätte, egal, was ich dem Richter erzählt hätte. Er wusste, dass ich wollte, dass er mich zwingt dort zu bleiben, weil ich mich sonst versuchen würde umzubringen, weil er mich hat gehen lassen, ich aber niemals freiwillig geblieben wäre, weil ich dann nicht sagen konnte, dass ich bleiben musste und keine Wahl gehabt hätte...
Es war echt nicht einfach, als er plötzlich im Urlaub verstorben war. Im Meer ertrunken... Als ich das nächste Mal auf Station kam, der Arzt vom Dienst mich aufgenommen hat und irgendwas meinte und ich meinte, ja, ja, morgen wird Hr. X dann kommen und dann ist eh egal... Und als er dann meinte, "Sie wissen das nicht?" und ich ihn angemacht habe, was ich nicht weiß, ich war nicht wirklich gut drauf... da hat er mir gesagt, dass Hr. X tot ist... (Ein Pfleger meinte der Arzt hat echt Mut gehabt, mir das in der Situation zu sagen und er hatte auch merklich abgewägt, was er sagen sollte...)

Ich kann mich nicht mehr bei ihm bedanken, weil er nicht mehr da ist. Er wird keinen meiner wütenden Briefe mehr lesen, mir keine Vorhaltungen mehr an den Kopf knallen und mich so provozieren, dass ich nur noch sterben will. Ich denke er wollte, dass ich ihn hasse. Er hat sich wie ein Arschloch verhalten und teilweise, wie mein Vater, weil er wollte, dass solche Projektionen stattfinden. Dass ich wütend sein kann und er es aushält. Dass ich gemein sein kann, ihn hassen und ihm Vorwürfe machen kann, damit er mir zeigen kann, dass es möglich ist mich mit meiner Ambivalenz und Verzweiflung auszuhalten. Dass ich nicht alle Menschen kaputt mache. Dass es Menschen gibt, die mich aushalten können, egal, was ich mache. Er ehat auch immer wieder gesagt, er wäre nicht sauer, wenn ich mich auf Station umbringen würde. Wenn er am Montag wieder kommt und ich es geschafft hätte, wäre er nur traurig, aber keineswegs sauer. Trotzdem würde er alles tun um das zu verhindern, was in seiner Macht steht, sprich ich bekam natürlich direkt wieder eine 1:1 Betreuung und sonstige Kontrollauflagen...

verletzte Kinderseele,

ich werde für Reh beten, aber mein Glaube baut auf Vertrauen, nicht auf funktionieren.
Ich kann um Kraft für Reh beten, dass Gott ihr beisteht und es gut macht. Dass er ihr hilft und es ihr den Weg weist!

Aber ich kann ihn nicht darum bitten, dass er sie bei uns auf der Erde lässt. Möchte ich auch gar nicht, ich fände das egoistisch. Da ich den Tod immer als erlösendes Ende gesehen hatte und heute daran glaube, dass es etwas größeres gibt, als unser irdisches Dasein, habe ich gelernt den Tod nicht nur als schlechtes anzusehen. Ich habe lange gesagt, ich habe keine Angst vorm Sterben, ich habe aber wahnsinnige Angst davor weiter leben zu müssen.
Und wenn Reh so sehr leidet ist es vielleicht für sie am besten, wenn Gott sie zu sich holt. In sein Reich, in eine Welt ohne Schmerz und Leid... Und manche werden das für verrückt und absurd halten, aber es gab in meinem Leben auch schon Situationen in denen ich Menschen den Tod gewünscht habe. Nicht, weil ich sie gehasst habe, sondern weil ich sie so lieb hatte, dass ich sie nicht mehr leiden sehen wollte. Dass ich ihnen die Erlösung durch den Tod gerne gegönnt hätte, auch wenn sie mich damit zurücklassen. Lieben heißt aber auch loslassen können.

"Ohne sterben kann kein Wachstum entstehen", gerade erst war diese Aussage das Thema einer Predigt, die ich gehört habe. Und es stimmt! Wenn ich etwas ändern will, muss ich etwas anderes dafür aufgeben. Um leben zu können musste ich meine Suizidgedanken sterben lassen, was mal mehr und mal weniger gut funktioniert hat, aber wenn ich immer noch an ihnen festhalten würde, wäre ich heute nicht an dem Punkt, an dem ich bin.
Hätte ich nicht viele Dinge aufgegeben, Gedanken, Muster, Verhalten, Überzeugungen oder auch Freunde, dann hätte sich in meinem Leben nichts verändert und vermutlich wäre ich dann heute auch nicht mehr am leben... Frag Alpha... Es war oft knapp und nicht wirklich zu erklären wie ich überlebt habe...

Und auch in meinem Leben sind in den letzten Jahren einige, mir nahe stehende Menschen verstorben. Plötzlich und unvorhersehbar. Einen Freund habe ich tot aufgefunden. Ca. drei Tage nach seinem Tod. In seiner Wohnung, wir lebten im selben Haus und da ich immer bei ihm meine Wäsche wusch, hatte ich einen Schlüssel. Das erste war der Gestank, er hatte die ganze Wohnung vollgekotet! Er lag/ saß halb nackt vor seinem Sofa... kein schöner Anblick und ich habe mich Wochenlang gefragt, wenn ich mich die letzten drei Wochen nicht so von ihm diatanziert hätte, weil es ihm immer schlechter ging, wenn ich beharrlicher darauf bestanden hätte, dass er wegen seines "Wamstrammelns", wie er es nannte, zum Arzt gegangen wäre, ob er dann heute noch am leben wäre? Ich weiß es nicht. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass es für ihn nicht unbedingt besser gewesen wäre... Er war nicht akut suizidal, aber sehr verwahrlost. Wenn man ihm auf der Staße begegnet war, konnte man ihn leicht für einen Penner halten, die ersten Male als ich zu ihm hoch ging, hielt ich meinen Schlüssel fest umklammert in der Hand und bin im Kopf meine Kampfsportübungen durchgegangen. Ich musste irgendwo Wäsche waschen, hatte aber auch Angst vor ihm. Ich hatte kaum noch Kraft mit meinen depressionen irgendwie den Alltag auf die Reihe zu bekommen, geschweigedenn irgendwelchen Haushalt. In einen Waschsalon zu fahren war undenkbar, daher blieb mir keine große Wahl als sich meine Dreckwäsche immer höher stapelte und ich nichts mehr zum anziehen hatte.

Und beim dritten Mal, wo ich bei ihm Wäsche gewaschen hatte, blieb ich auf einen Kaffee. Mit gemischten Gefühlen, aber ich fühlte mich irgendwie schlecht, wenn ich abgelehnt und einfach gegangen wäre, wo ich ja bei ihm meine Wäsche waschen durfte... In drei Stunden hatte er etwas geschafft, woran in den Jahren davor jeder Arzt gescheitert war. Er erzählte mir aus seinem Leben und bei Erwähnung seines Sohnes oder Hundes, leuteten seine Augen auf. Und er weckte einen Funken Lebensmut in mir, den ich gar nicht mehr für möglich gehalten hatte und ich versuchte seinen Sohn für ihn zu finden. Er wurde wie eine Art Vater in einer Zeit, als ich niemanden hatte. Er hat sich gekümmert und nach mir gesehen... Ich konnte zu jeder tages- und nachtzeit zu ihm. Ich wollte sterben damals. Hatte immer wieder Suizidversuche unternommen. Er hing trotz allem am Leben und hätte sich nie direkt umgebracht, war jedoch Alkoholiker, Kettenraucher und auch ansonsten eher etwas verwahrlost... Ich war die einzige Freundin, die er hatte und ich habe mich lange gefragt, warum er gehen und ich bleiben musste. Ich hätte sofort mit ihm getauscht, wenn ich gekonnt hätte und er war auch 58 Jahre alt, als er starb. Knappe drei Jahre ist das jetzt her...
Im Nachhinein sehe ich so viele Zusammenhänge in denen ich Gott erkenne. Er hat auf mich aufgepasst, als ich alleine war. (Damals wollte mein Ex-Freund es absolut nicht hören, wenn ich meinte, dass er vielleicht auch nur so lange geblieben war, bis ich jemand anderen hatte...) Neben Krankenwagen und Notarzt, kam natürlich auch die Polizei, nahm meine Aussage auf etc.
Ein paar Wochen später, ich war damals quasi mit nem Koffer zu meinem Freund gezogen, weil ich nicht mehr in dem Haus sein konnte, rief dieser die Polizei um mich einzuweisen, ich habe tagelang alles verweigert, lag nur im Bett und habe in die Leere gestarrt. Nichts gegessen, nur aufgestanden, wenn ich auf Toilette musste und wenn ich geredet habe, dann nur davon, dass ich sterben will.
Ich habe den Polizisten nicht erkannt, aber er mich. Mein Plan ihnen gar nicht zu verraten, wer ich bin, wo ich wohne, wo mein Ausweis oder KK-Karte sind, ging nicht auf. Er blätterte ein paar Seiten in seinem Notizblöckchen um und da standen alle Daten von mir...

Monate später war er wieder bei einem Einsatz dabei. Ich hatte Tabletten genommen, Mich am Hals und Arm recht tief verletzt, Klingen geschluckt, rattengift dazu und wollte von der Brücke springen... Das von der Brücke springen habe ich gelassen, nachdem ich eine Stunde da oben stand und es nicht schaffte loszulassen, weil michirgendwas zurückhielt. Zu der Zeit stand ich öfters nachts auf "meiner" Brücke, aber nicht immer mit so vielen anderen Verletzungen... Da es im Wochenendurlaub von Station war und ein Mitpatient dem Pflegepersonal verklickert hatte, dass sie die letzten wären, bei denen ich mich melden würde, hatten die Alarm geschlagen. Ich war also nachts auf dem Rückweg durch den Park, als sie mich anriefen... Ich war nicht mehr ganz klar im Kopf, sie fragten, wo ich bin, sie hatten bereits meine Wohnungstür eingetreten, mal wieder... Dann haben sie mich auf der Straße eingesammelt und zum nähen etc. in die Notaufnahme gebracht... Zwei Wochen später besuchten sie mich in der Psychiatrie, sie wollten gucken, wie es mir geht und mit mir einen Kaffee trinken, die Nacht in der Notaufnahme hatte ich ihnen den Brief gegeben, den ich an den Oberarzt geschrieben hatte und sie meinten ich solle in dem Stil ein Buch schreiben... Der Pfleger stand unter Schock... das hatte er in den 28 Jahren, die er dort arbeitete noch nie erlebt... und fragte mich anschließend einmal mehr, wie ich das denn schon wieder geschafft habe. Er könnte Polizisten alles erzählen, aber er würde es nicht schaffen, dass sie ihn dann in der Psychiatrie besuchen kommen um zu gucken, wie es ihm geht...

Jetzt bin ich ziemlich weit abgeschweift...
Ich wollte damit sagen, dass Gott seine eigenen Wege hat und das nicht immer die sind, die ich mir vorstelle oder wünschen würde. Und auch der Tod des Freundes hat mich für mein Leben weiter gebracht, genau wie der Tod des Oberarztes, ich fühle mich schlecht, wenn ich denke, dass sie erst sterben mussten, damit ich bestimmte Dinge kapiere, aber dann denke ich, war es für sie vielleicht das sogar das Beste, was passieren konnte, auch wenn sie jetzt tot sind und ich weiterleben muss...

Ich möchte an dieser Stelle eine Sache betonen, die mir persönlich sehr wichtig ist. Dieses Forum hat inzwischen einige User/ Admins, die Christen sind, aber das Forum soll kein Ort nur für Christen sein, ich möchte, dass es offen bleibt für jeden, egal ob gläubig oder nicht, egal, wie und an was jeder einzelne glaubt!

Ich will verhindern, dass dies ein Ort wird, wo irgendwer versucht irgendwen zu bekehren! Daher würde ich mir wünschen, dass Diskussionen über Gott möglichst nur in dem eingerichteten Bereich stattfinden, damit jeder User für sich selber entscheiden kann, ob er etwas darüber lesen möchte, sich aber nicht dazu genötigt fühlt oder den Eindruck hat, dass wir hier jemanden bekehren wollen.

Diese Einstellung hat viel mit meiner eigenen Geschichte zu tun! Ich bin inzwischen Christin und habe mich an meinem Geburtstag im Sommer taufen lassen, aber ich weiß noch gut, wie es vorher war. Wie meine Einstellung zu diesem Thema war. Im Grunde wusste ich absolut nichts. Nichts über Gott, seinen Sohn, Glauben im allgemeinen, was Vertrauen ist, Vergebung, Gnade oder bedingungslose Liebe. Und ich hatte zwar schon ein paar Christen in meinem Freundeskreis, allerdings wusste ich das lange Zeit nicht, weil es für mich ein absolut unmögliches Thema war. Selbst, dass meine beste Freundin, die ich nun schon seit ca. 7 Jahren kenne, an Gott glaubt, habe ich erst vor ca. anderthalb Jahren erfahren, als es für mich ein Thema wurde und ich begann jeden mit Fragen zu löchern!
In meiner Familie war klar, dass es keinen Gott oder eine höhere Macht geben kann. Dass alles mathematisch, logisch zu erklären sein muss. Dass man alles durch Wissenschaft herleiten kann und es wurden keine Fragen gestellt, oder gar gewagt diese Überzeugungen infrage zu stellen. Es war klar, dass gesunder Menschenverstand und Religion ein Widerspruch sind und jeder, der an Gott glaubt nicht alle Tassen im Schrank hat.

Ich erinnere mich noch allzu gut an etliche Situationen, wo Gläubige Menschen mir von Gott oder Jesus Christus erzählen wollten. Ich habe ihnen gar nicht erst zugehört, weil es so absurd war!
Jeder der mir mit seinem Gelaber über Gottes Liebe auf die Nerven fiel, hat am Ende nur meine Vorurteile und meinen Widerstand gegenüber dem gesamten Thema verstärkt!

Ich selber bin, wie ihr daraus entnehmen könnt noch nicht allzu lange Christin und war auch nicht mit dem Glauben an Gott groß geworden, weshalb ich mit diesem Thema sehr vorsichtig bin, vor allem gegenüber Menschen, die Gott nicht kennen. Ich möchte ihnen damit nicht auf die Nerven fallen oder sie mit irgendeinem "Gelaber" über Gott belästigen!
Als ich vor ca. zwei Jahren in meinem ersten Gottesdienst oder hier in der WG bei der Andacht dabei war, war ich anschließend völlig verstört. Ich war froh, dass ich Menschen hatte, die gerne mit mir über diese Themen und all meine Fragen geredet haben, mich aber von sich aus mit diesem Thema in Ruhe gelassen haben. Als ich zum ersten Mal beim Vaterhaus war, ein überkonfessioneller, Lobpreisgottesdienst, saß ich weinend dort. Ich war fertig, hatte zwischendrin immer wieder das Gefühl ich bin in einer Sekte, ich verliere den Verstand, weil ich anfing es überhaupt in Erwägung zu ziehen, dass es vielleicht doch sowas wie einen Gott geben könnte. Ich wollte schreiend rausrennen, weil ich das Gefühl hatte ich mache etwas streng verbotenes!

Zu ganz depressiven Zeiten war ich doch sogar auch in einem christlichen Seelsorgechat gelandet. Einmal, zweimal habe ich versucht mit denen ins Gespräch zu kommen. Nachdem ich es geschafft hatte einem klar zu machen, dass ich kein Troll bin und sie nicht nur verarschen will, dass ich wirklich Rasierklingen geschluckt habe, was eine Weile gedauert hat, bis er das überhaupt für Möglich befunden hatte, fing er an mir lauter Bibelzitate und so ein Zeug zu schicken. Ich hatte sie mir nie angesehen, die Links. Und ich war auch nie wieder in dem Chat...

Mich haben Menschen bekehrt, aber nicht, indem sie mir von Gott erzählt haben oder versucht haben mich zu bekehren. Sie haben mich bekehrt indem sie mir gezeigt haben, wie Gott ist. Indem sie mich ließen, wie ich bin, mir keinen Glauben aufzwingen wollten und selber im Vertrauen auf Jesus gelebt haben. Sie waren Vorbilder, die nicht von ihrem Glauben geredet haben, sondern, die ihn gelebt haben. Und es hat lange, lange gedauert, der Prozess ist auch bei mir noch nicht abgeschlossen, bis ich es überhaupt annehmen konnte, dass es Menschen gibt, die mich lieben und wollen und, dass es einen Gott gibt, der mich liebt.
Bis heute kann ich zum Beispiel nicht gut laut beten, erst Recht nicht, wenn irgendjemand sonst es hören könnte. Wir haben jeden Montag in der WG eine Austauschrunde, anschließend eine Gebetsrunde. Ich lebe nun seit anderthalb Jahren hier und bin fast immer dabei gewesen, in der ganzen Zeit konnte ich mich genau zweimal dazu durchringen, laut für jemanden zu beten, oder es überhaupt auszusprechen, dass ich an Gott glaube ist nicht einfach, wegen all dieser alten Überzeugungen.

Ich weiß nicht, woher die Ablehnung meiner Eltern gegenüber dem Glauben stammt! In meiner Familie wurde nie viel geredet.
Vor ca. einem Jahr fand ich heraus, dass mein Großvater, den ich nie kennengelernt hatte, der Vater meines Vaters, als Architekt eine Versöhnungskirche gebaut hat. Ich konnte es gar nicht fassen. Der Vater meines absolut Kichenfeindlichen Vaters hatte eine VERSÖHNUNGSKIRCHE gebaut!!
Ich war dann letztes Jahr am 2. Advent glaube ich in Ingelheim als Ehrengast auf dem 50jährigen Jubiläum dieser Kirche, was eine echt große Erfahrung in meinem Leben war. Vor allem die Offenheit der Menschen dort, es kannte mich keiner, aber alle wollten mich kennenlernen, ich habe bei der Pfarrersfamilie übernachtet, zwei Stunden Zugfahrt, alleine in einer völlig fremden Stadt. Aber es ging ohne größere Panikattacken, weil ich wusste, dass Gott da ist und aufpasst. Mit meiner sozialen Phobie, habe ich allerdings abgelehnt, eine Rede zu halten, was ich gefragt wurde und Bürgermeister und lauter solcher wichtigen Menschen wollten mir vorgestellt werden und waren interessiert und alles... hätte ich vorher nicht bereits Kontakt in die christliche Szene gehabt, wäre das unmöglich gewesen überhaupt dorthin zu fahren!

Inzwischen weiß ich sogar, dass meine quasi "Zweiteltern" auch aus religiösen Familien kommen. Sie sind zwar heute keine Christen mehr, aber stehen dem auch nicht so ablehnend gegenüber, wie meine Eltern! Die, wie ich inzwischen weiß auch beide mit religiösem Hintergrund groß geworden sind, wovon allerdings über 20 Jahre niemals auch nur ansatzweise die Rede war...

Ähm...
ja, Abschweifen kann ich ganz gut... es gäbe auch noch etliche Geschichten dazu, aber ich hoffe es wird klar, warum ich diese Einstellung zu dem Thema habe....?

Ich möchte einfach auch Menschen helfen oder Raum bieten zu sein, ohne an Gott glauben zu müssen. Ich selber hatte Gott nie kennengelernt, hatte bis vor zwei Jahren nicht die geringste Ahnung, was in der Bibel steht oder wer Jesus Christus war. Nicht, weil ich mich bewusst gegen ihn entschieden hatte, sondern weil ich einfach nie die Möglichkeit hatte ihn überhaupt kennen zu lernen und nur die mir mitgegebenen Vorurteile hatte...